Weitere Informationen Bayerische Akademie der Wissenschaften Kommission für bayerische Landesgeschichte Institut für Volkskunde I https://kblg.badw.de/ institut-fuer-volkskunde.html populärer Musik („Volksmusik“), dem „Volksschauspiel“ oder Laientheater bis hin zur Handwerks- und Landwirtschaftsforschung, wie sie u. a. sehr anschaulich in den Freilichtmuseen sichtbar gemacht werden. Der Fokus richtet sich aber auch auf industriekulturelles und bergbauliches Erbe – bis hin zu moderneren urbanen, migrantischen oder popkulturellen Ausdrucksformen. Die Stärke der Volkskunde ist es, sowohl mit historischem Blick das Entstehen und Werden kultureller Praktiken quellenfundiert zu beleuchten – und auf der anderen Seite mit ethnografischen Methoden die heutigen Erscheinungen, ihre Bedeutungen und Sinnstiftungen für die Menschen zu erheben. Dabei werden auch die wiederholten Veränderungen, z. B. bei Bräuchen und Festen, sichtbar, die in der Volkskunde unter dem Schlagwort „Kontinuität und Wandel“ erfasst werden; nur was sich verändert, hat Bestand. Vieles, was „alt“ erscheint oder als „schon immer so“ inszeniert wird, ist oft jüngeren Datums. Und spannend wird dann die Frage, woher die Sehnsucht nach dem Alten und Überlieferten stammt, wer diese Etiketten und Inszenierungen zu welchem Zweck geschaffen hat und welche Wertvorstellungen damit verbunden sind. Denn Bräuche und Feste sind nichts Festes und Unverrückbares, sondern wurden immer wieder durch wirtschaftliche, religiöse oder soziale Notwendigkeiten verhandelt und angepasst. Solche Verhandlungen finden sich auch in der Gegenwart, aktuell etwa mit den Funkenfeuern in Vorarlberg und Tirol, bei denen am Funkensonntag teilweise menschenförmige Strohpuppen (Funkenhexen) verbrannt werden. Bei solchen Formen von „Contested Heritage“, umstrittenem Kulturerbe, gibt es keinen übergreifenden gesellschaftlichen Konsens über die Ausführungen, Symbole und Sinnstiftungen. Hier gilt es, durch Hintergrundwissen und das Erkennen des Bedeutungsgeflechts, das stets hinter kulturellen Praktiken steht, zu einem informierten Kulturerbediskurs beizutragen. HELMUT GROSCHWITZ Funkenfeuer in Vorarlberg. Foto: Wikimedia/Friedrich Böhringer. Denn auch wenn der Blick bei Kulturerbe und Traditionen immer wieder in die Vergangenheit auf das Er-Erbte gerichtet ist, so geht es – gerade im Sinne des UNESCO-Übereinkommens – doch stets um die Weitergabe an kommende Generationen. Dieser Zukunftsaspekt ist auch Orientierung für die heutigen Verhandlungen – oder auf die einfache Formel gebracht: Welches Wissen und Können, welche Werte möchten wir ver-erben?! 15
RkJQdWJsaXNoZXIy MjI2NDc=