18 Brauchkultur gegenständlich und bildlich dokumentiert Bräuche und Rituale begleiten uns in wichtigen Phasen unseres Lebens. Mit ihren zeremoniellen Abläufen und symbolischen Ausdrucksformen geben sie Struktur und vermitteln Halt, dort, wo Übergangsphasen im Jahresablauf oder am Lebensweg mitunter Unsicherheiten erwecken. In jedem Fall schenken wir diesen besonderen Situationen mit den unterschiedlichsten Praxen Augenmerk. Auch ist ihre bedeutende Rolle vor dem Hintergrund der Gründungsphase volkskundlicher Forschung um 1900 zu verstehen. Im Zeitgeist von Romantisierung und Konservativismus waren sie für das Bildungsbürgertum als eines der Kanon-Themen des Faches über lange Zeit eine wichtige Konstante und zugleich ein unterstützender Hebel für volkskulturell motivierte Identitätsbildung. Von Viktor Geramb (1884–1958) als katholisch gesinntem Fachpionier, Volksbildner und Museumsgründer in der Steiermark ausgehend, wurde der Fokus insbesondere auf das Brauchgeschehen rund um den religiösen Jahres- und Lebenslauf gerichtet und damit der Grundstein für weitere Forschungstraditionen gelegt. Objekte zur Alltagsfrömmigkeit mit und ohne Bezug auf abergläubische Praktiken sowie zu besonderen Anlässen, wie etwa den Ritualen rund um die heiligen Sakramente oder den kirchlichen Festkreis, gewichteten somit auch die historische Sammlung des Volkskundemuseums und prägen sie bis zur Gegenwart. MARTINA EDLER/URSULA GRILNAUER BRÄUCHE & TRADITIONEN Faschingrenner in Pöllau am Greim. Foto: Volkskundemuseum/ Viktor Geramb (F 3222). Zur Sammlung des Grazer Volkskundemuseums
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