HANS-PETER WEINGAND Erzherzog Johanns und publizierte dies 1982 in ihrem Buch „Der gemeine Steirer“. Manches aus den alten Berichten ist uns heute noch vertraut: „Zu Ostern bekamen die Kinder von den Taufpatinnen oder -paten rot gefärbte Eier, in manchen Gegenden (so in Göss 1811) bereits am Gründonnerstag.“ Manches jedoch ist uns fremd: „Starb in Leoben (1812) ,wer immer aus der beßeren Klasse‘, so wurde der Leichenzug von Armen angeführt, die dafür ein Almosen erhielten.“ Die Schilderungen aus der Zeit Erzherzog Johanns zeigen auch, dass Sitte und Brauch stets Veränderungen erfahren haben: „Am NikolausAbend wird zwar nicht mehr mit solchem Unfug, aber doch noch immer der hl. Nikolaus und der Bartl zum Schrecken der Kinder gebraucht“, wird 1813 aus Fohnsdorf berichtet. Auf diesen „Unfug“, nämlich den Auftritt von „ein Paar Teufeln, die die Kinder erst noch vollends in höchsten Schrecken setzten“, wurde nunmehr verzichtet. Auch in den Schulen änderten sich die Sitten: Aus Judenburg wird 1812 berichtet, dass früher „ungehorsame unfleißige und böse Kinder“ von verkleideten Krampussen und dem hl. Nikolaus erschreckt und gezüchtigt wurden: mit Eselskronen, Stäbchen im Mund und anderen hohen Strafen. Aus einem Bericht von 1840 wird ersichtlich, dass es auch für Lehrer Strafen geben konnte. So wurde mittels Unterschriftenlisten und einer Bürgerinitiative ein prügelnder Hilfslehrer in Rottenmann entfernt, da die Kinder nicht mehr zum Schulbesuch zu bewegen waren. In den letzten Jahren wurde der Bestand zu den Themen Bewertung von Sittlichkeit, Singen in der Freizeit, Widerstand gegen die Pockenimpfung und deren Motive kulturwissenschaftlich und historisch ausgewertet. Diese Beispiele sollen die Bandbreite des Materials dokumentieren. Die slowenische Forschung hat jene Unterlagen, die die Untersteiermark betreffen, längst übersetzt und veröffentlicht. Mit einem Digitalisierungsprojekt soll dieses maschinschriftlich verfasste und verschlagwortete Material in nächster Zeit zugänglich und verwendbar werden, wie es Geramb schon vor 110 Jahren plante. Weitere Informationen Volkskundemuseum am Paulustor/UMJ I www.volkskundemuseum-graz.at Hans-Peter Weingand I www.weingand.online Karteikarte zu Hochzeitsbräuchen in Leoben, 1812. Foto: Eva Heizmann. 25
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