Thomasnikolo in Gams bei Hieflau und Sämischgerben sind immaterielles Kulturerbe

Das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Österreich wurde mit 6. November 2025 wieder um sechs neue Einträge erweitert – zwei davon betreffen die Steiermark. Somit sind aktuell österreichweit 178 überlieferte Traditionen, gesellschaftliche Rituale und Feste, traditionelle Handwerkstechniken und lokal überliefertes Wissen offiziell als immaterielles Kulturerbe gelistet.

 

Die Neuaufnahmen: 

 

  • Gamser Thomasnikolo (Steiermark):
    Am 21. Dezember, dem Thomastag und zugleich der längsten Nacht des Jahres, findet in Gams bei Hieflau (Bezirk Liezen) der Umzug des Thomasnikolo statt. Der heilige Thomas in Bischofsgestalt zieht dabei mit seiner Begleitung – dem weißen Thomas als Lichtbringer, dem Sackträger und der Nikolofrau, dem Greis, der Thomashutzn und den Krampussen – von Haus zu Haus, um symbolisch Glück, Segen und Licht zu bringen. Anschließend begibt er sich auf den Gamser Kirchplatz, wo gemeinsam mit der Bevölkerung der umliegenden Orte gefeiert und Gaben an die Kinder verteilt werden.
    Thomasnikolo mit Gefolge in Gams bei Hieflau Thomasnikolo, Gams bei Hieflau, 21.12.2023. Foto: Martin Huber

 

  • Sämischgerberei (österreichweit, die Initiative zur Einreichung gibt vom Gröbminger Gerber Robin Schlüßlmayr aus):
    Die Sämischgerbung von Wildfellen nimmt eine technologische Sonderstellung unter allen Gerbarten ein und gilt als besonders umweltschonend und nachhaltig. Hierbei wurde ehemals Dorschtran (heute ein Gemisch aus verschiedenen Fischtranen) als Gerbstoff eingesetzt, welcher am Ende des Gerbprozesses wieder ausgewaschen wird und somit keine Gerbstoffrückstände im fertigen Leder zurücklässt. Gegenwärtig wird diese Praxis in Österreich von einer Handvoll kleiner Familienbetriebe, die ihr wertvolles Wissen um die Herstellung des gegerbten Leders von Generation zu Generation weitergeben, ausgeführt. Sämischgegerbtes Leder wird in der Steiermark für die Herstellung traditioneller Lederhosen verwendet.
    Detailaufnahmen zur Handwerkstechnik des Sämischgerbens Gerber Robin Schlüßlmayr, Gröbming. Foto: Ulrike Rauch

 

 

Wir freuen uns, dass wir als Volkskultur Steiermark GmbH diese beiden steirischen Antragsteller bei der Einreichung bei der Österreichischen UNESCO-Kommission unterstützend begleiten durften.

 

Aus den weiteren Bundesländern wurden mit November 2025 folgende gelebte Traditionen in das nationale Verzeichnis aufgenommen: 

 

  • Georgijagen / Šentjurja jaga (Kärnten): Das „Georgijagen“ ist eine alte Hirten- und Heischetradition, die im Gebiet der Marktgemeinde Finkenstein am Faaker See / Bekštanj, in der Region südlich und östlich von Villach sowie in einigen Ortschaften entlang der Ossiacher Tauern ausgeübt wird. Am Vorabend des Georgstages, dem 22. April, wird mit dem Beginn der Weidesaison der Sieg des Frühlings über den Winter mit Abwehr- und Segenssprüchen gefeiert.
  • Striezelwerfen in Stein im Jauntal / Metanje štručk v Kamnu v Podjuni (Kärnten): Das „Striezelwerfen“ in Stein im Jauntal / Kamen v Podjuni findet seinen Ursprung in der Armenstiftung der Hildegard von Stein. Diese Tradition wird jährlich am ersten Sonntag im Februar in der Gemeinde St. Kanzian ausgeübt. Heutzutage werden in Anlehnung an ihre Armenspeisungen die sogenannten Agatha-Striezel, kleine Brotlaibe aus Roggenmehl, vom Balkon der ehemaligen Burgmeierei geworfen. Hunderte Besucher*innen warten unten darauf, einen geweihten Striezel zu fangen. Die gesegneten Striezel sollen den Besitzer*innen Schutz vor Krankheit, Hunger und Unglück bieten.
  • Tamsweger Preberschießen (Salzburg): Das „Preberschießen“ ist ein Wasserscheibenschießen am Tamsweger Prebersee, bei dem auf das Spiegelbild der Scheibe im Wasser gezielt wird, um die Scheiben am Ufer zu treffen. Die Praxis reicht bis in das Jahr 1834 zurück und wird bis heute von der Schützengesellschaft aufrechterhalten. Neben geschlossenen Veranstaltungen der Gesellschaft findet einmal im Jahr das „Große Preberschießen“ statt, das auch der Öffentlichkeit zugänglich ist.
  • Tuntathlon (Wien): Der „Tuntathlon“ ist eine seit 2001 jährlich in Wien ausgetragene Halbtags-Veranstaltung als Straßenfest, mit (pseudo-)sportlichen Wettbewerben wie Handtaschenwurf, Stöckelschuh-Stafettenlauf und Synchronbügeln, an denen Teams aus selbst deklarierten „Tunten“ (Selbstbezeichnung der Beteiligten) jedweder Geschlechteridentität – drei pro Team – teilnehmen. Geschlechterrollen und Stereotype werden dabei aufs Korn genommen.

 

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