Osterbrauchtum: Gefärbte und verzierte Eier

Das Ei diente in der Kulturgeschichte der Menschheit seit Jahrhunderten nicht nur als Nahrungsmittel, sondern ist in vielen Kulturen auch mit verschiedenen Ritualen und Mythen verknüpft. Im Christentum wird das Ei als Symbol des Lebens mit dem kirchlichen Fest der Auferstehung Christi verknüpft. Im 12. Jahrhundert wurde die Ostereierweihe (benedictio ovorum) eingeführt.

 

Eierfärben
Erste Belege zum österlichen Eierfärbebrauch gibt es in der Steiermark aus dem 14. Jahrhundert. Eine Eintragung in der Wirtschaftsabrechnung des Benediktinerinnenkloster Göss (bei Leoben) berichtet 1560 vom Kauf von „Bresilfarbe“ zum „Ärferben“. Unter „Bresilfarbe“ ist ein aus Fernambukholz (Brasilholz) gewonnen Farbstoff gemeint, der über italienische Händler seit dem 12. Jahrhundert nach Europa importiert wurde. Durch das Kochen dieser Holzsplitter wurde ein sattroter bis rotvioletter Farbstoff erreicht. Daneben waren auch heimische, pflanzliche Farbstoffe wie Rote Rüben, Rotkraut oder Zwiebel zum Eierfärben im Einsatz. Ab Ende des 19. Jahrhunderts wurden Naturfarbstoffe durch künstliche Farbstoffe ergänzt oder ersetzt. Besonders Anilinfarben, die ab Mitte des 19. Jahrhundert vor allem für das Färben von Seide verwendet wurde, beeinflussten um die Jahrhundertwende die Ostereierverzierung, da nun auch eine größere Farbenpalette zur Auswahl stand. Im 20. Jahrhundert kamen schließlich industriell erzeugte Pulverfarben auf. Heute erfreuen sich im Sinne des Umwelt- und Gesundheitsbewusstseins natürliche Pflanzenfarben vermehrter Beliebtheit.

 

Osterei als Geschenk
In der katholischen Kirche war der Verzehr von Eiern während der Fastenzeit untersagt. Dieses Verbot wurde erst im Spätmittelalter gelockert. Umso größer war der Genuss von Fleisch – und auch Eiern – nach der Speisensegnung am Ostersonntag. Gefärbte Ostereier waren früher als Geschenk sehr beliebt und verbreitet: Als Dank an Bedienstete, als Gabe der Freundschaft, als Geschenk der Paten, oder auch als „Entlohnung“ der Ratschenkinder und der Weihfeuerträger. Auch als Liebesgabe war das Ei beliebt, das in diesem Fall oft besonders schön verziert oder mit einem Spruch versehen wurde, wie beispielsweise mit folgendem:
„Aus Lieb‘ und Treu
Schenk ich Dir das Osterei.
Das Ei sollst Du essen
Und auf mich nicht vergessen.“
Wie nicht zuletzt dieser Spruch aufzeigt, handelte es sich bei diesen verschenkten Eiern um gekochte Eier, die zum Verzehr bestimmt waren. Der Brauch, dass ausgeblasene Eier, die heute oftmals äußerst aufwändig verziert werden, einen Ehrenplatz auf einem Osterstrauch bekommen, dürfte sich erst im 20. Jahrhundert verbreitet haben.

 

 

Foto: Steirisches Heimatwerk
Foto: Steirisches Heimatwerk

Vom kostbaren Lebensmittel zum österlichen Symbol

Verzierte Ostereier
In der Steiermark sind motivreiche und in feinster Handarbeit verzierte Ostereier in der Volkskunst des 19. Jahrhunderts nicht belegt. Noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts beschränkten sich die Techniken hierzulande vor allem auf das Färben mit Kunstfarben, das Bekleben mit Abziehbildern und Batiktechniken mit Wachsabdeckung. Beliebt war – und ist – das Färben in Zwiebelwasser, wobei zuvor Gräser, Kräuter oder Blätter auf das Ei (Reservetechnik) aufgebunden werden. Spannend ist auch folgende überlieferte Methode, bei der in Zwiebelwasser gefärbte Eier in einen Ameisenhaufen gelegt wurden, um sie von der Ameisensäure „besprenkeln“ zu lassen.

Färben von Ostereiern in Reservetechnik Färben von Ostereiern in Reservetechnik

Färben mit Gräsern, Kräutern und Blättern in Reservetechnik. 

 

 

Osterstrauch
Das Einfrischen von Zweigen in Wohnräumen und Schmücken dieser mit ausgeblasenen Ostereiern bürgerte sich in Österreich erst im Laufe des 20. Jahrhunderts ein. Seit den 1960er-Jahren ist das Verzieren von ausgeblasenen Eiern rundum sehr beliebt geworden. Über Bastelhefte, in Handarbeitskursen sowie in Schulen und Kindergärten wurde dieser neue Trend verbreitet und die Verzierungsarten laufend weiterentwickelt. Ob Servietten- oder Wachstechnik, Bemalen, Umwickeln, Bekleben, Besticken, Ritzen oder Kratzen von Eiern – der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. In den letzten Jahren hat sich ein zusätzlicher, neuer Trend entwickelt: Das Schmücken von sogenannten „Ostereierbäumen“ im Garten. Ein derartiger Ostereierbaum aus Saalfeld in Deutschland wurde 1965 erstmals mit Eiern geschmückt und hat über die Medien weltweite Aufmerksamkeit erhalten – und vielerorts Nachahmer gefunden.

Ostereierbaum in der Oststeiermark

Osterstrauch und Ostereierbaum in der Oststeiermark.

 

 

Autorin und Fotos: Eva Heizmann
Verwendete Literatur:

  • Kammerhofer-Aggermann, Ulrike: Bräuche des Osterfestkreises. In: Luidold, Lucia; Kammerhofer-Aggermann, Ulrike (Hg.): Vom Frühling bis zum Herbst. Bräuche im Salzburger Land 02. Zeitgeist | Lebenskonzepte | Rituale | Trends | Alternativen (=Salzburger Beiträge zur Volkskunde 14). Salzburg 2003, elektr. Neuausgabe 2021.
  • Kretzenbacher, Leopold: Vom roten Osterei in der grünen Steiermark. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde 53 (1957), S. 104–109.
  • Večerková, Eva: Ostereier aus Mähren (=Katalog des Ethnographischen Museums Schloss Kittsee, 24). Wien/Kittsee 2007.