Von bestickten und bedruckten Weihkorbdecken

„Die Hausfrau richtet den Weihkorb zurecht. Weihfleisch und Krenn, die rothen Eier und der officielle Osterflecken werden in einen möglichst großen Korb gelegt, ein blühweißes Tischtuch zierlich darüber gebunden …“, so ist es im Grazer Volksblatt vom 21. April 1868 zu lesen. Es gibt viele historische Belege, in denen von einfarbig weißen Tüchern berichtet wird, mit denen zumeist der gesamte Weihkorb umwickelt wurde. Getragen wurden diese Körbe zur Fleischweihe zumeist von Frauen und auf dem Kopf. (Bis in die 1980er-Jahre gibt es Belege zum Tragen der Weihkörbe auf dem Kopf.)

Historisches Foto von Weihkörben
Auf dem Weg zur Fleischweihe, Kaindorf bei Leibnitz, 1937 (c) Volkskunde/Universalmuseum Joanneum

 

 

Bestickte Weihkorbdecken

Heute sind die Weihkorbdeckchen häufig mit Kreuzstichmotiven bestickt – vorrangig mit rotem oder blauem Garn. Das Besticken dieser ganz besonderen Decken hat sich in der Steiermark erst ab den 1960er-Jahren zu verbreiten begonnen. Die Kreuzstichmuster-Mappen des Volksbildungshauses St. Martin und des Museums Schloss Trautenfels verbunden mit Stickkursen in landwirtschaftlichen Fachschulen und ähnlichen Institutionen haben die Begeisterung für das Sticken im Kreuzstich in weiten Kreisen der Bevölkerung geweckt. Die Mustervorlagen in den Stickheften sind zum Großteil mit rotem Garn dargestellt, in einzelnen Fällen wird auch auf einen blauen Garn verwiesen.

Weihkorbdecke mit Kreuzstichmuster Kreuzstichvorlage einer Weihkorbdecke

 

 

Kreuzstich in der Steiermark
Das Sticken war lange Zeit vor allem in Klöstern (Textilien für den liturgischen Gebrauch) sowie in bürgerlichen und adeligen Häusern üblich. Entsprechende Musterbücher erschienen bereits seit dem 16. Jahrhundert – vor allem im süddeutschen Raum, aber auch im Gebiet um Venedig. Im Biedermeier war das Sticken mit verschiedenfarbigen Garnen sehr beliebt und so sind heute noch in etlichen steirischen Museen zahlreiche Mustertücher zu finden, die bunt in Kreuzstichtechnik bestickt sind. In der Bevölkerung allgemein hat sich das Sticken von Kreuzstichmotiven vor allem ab Ende des 19. Jahrhunderts verbreitet. Verantwortlich für diese Verbreitung waren zum einen die Hausindustrie, zum anderen die Einführung des schulischen Handarbeitsunterrichtes.

 

Für die Steiermark prägend war vor allem der Hausindustrie-Verein Aussee. Er wurde 1880 gegründet, um den Frauen in dieser von Not geplagten Zeit ein Zusatzeinkommen in Heimarbeit zu ermöglichen. Der Hausindustrie-Verein schulte die Stickerinnen, besorgte für sie die Materialien und übernahm auch den Verkauf der Stickwaren, die vor allem nach Wien gingen. Gestickt wurde hauptsächlich in Kreuzstichtechnik auf Leinengrund – mit rotem und blauem Garn. Die Stickvorlagen stammten aus deutschen und französischen Modezeitschriften sowie aus dem 1878 von Julius Lessing herausgegebenen Werk „Muster altdeutscher Leinenstickerei“. Weil diese Muster jedoch jahrzehntelang in Aussee gefertigt und von dort verkauft wurden, galten sie bald als „typisch ausseerische“ Muster.

Stand des Ausseer Haus-Industrie-Vereines 1902
Stand des Ausseer Haus-Industrie-Vereines anlässlich des Kaiserbesuches in Bad Aussee, 1902 (c) Schloss Trautenfels/Universalmuseum Joanneum

 

Handbedruckte Weihkorbdecken
Im Ausseerland liegen auch die Wurzeln für die heute ebenso weit verbreiteten und beliebten handbedruckten Weihkorbdecken. Vor rund 35 Jahren begann Marietta Wach in der, von ihrem Mann und ihr geführten Seidenhanddruckerei Wach in Bad Aussee, mit alten Modeln Weihkorbdecken zu bedrucken. Die religiösen Motive wurden zuvor vor allem für Altardecken verwendet. Diese Weihkorbdecken werden ebenso wie jene Kreuzstichdecken in den Farben Rot und Blaus bedruckt.

Weihkorbdecke mit Ausseer Handdruck

Handbedruckte Weihkorbdecken der Seidenhanddruckerei Wach in Bad Aussee (c) Steirisches Heimatwerk

Historisches Foto eines Weihkorbs
Bäuerin mit Weihkorb, Scheifling, März 1958 (c) Volkskunde/Universalmuseum Joanneum
Bestickte Weihkorbdecke
Handbestickte Weihkorbdecke (c) Steirisches Heimatwerk

In der Veränderung bleiben Traditionen lebendig.

Bräuche rund um den Weihkorb und die Osterjause
Bis in den 1960er-Jahren war es in einigen Gebieten der Steiermark üblich, dass nach der „Fleischweihe“ (Segnung der Osterspeisen) wahrlich ein Wettrennen mit den Osterkörben stattfand. Es versprach Glück, wenn man mit seinem Weihkorb als Erster zuhause war. Von diesem Brauch zeugt bereits ein Bericht in der Grazer Tagespost vom 4. April 1861 aus St. Peter am Ottersbach: „Es herrscht nämlich der Glaube unter dem Landvolke, daß derjenige, welcher den ersten Weihkorb – gefüllt mit Schinken, Brot, Eiern und Krenn – nach Hause bringt, auch jede Feldarbeit im laufenden Jahre am Ersten vollende. Demzufolge posiert sich nun der größte Thiel des weiblichen Geschlechtes so nahe als möglich an die Kirchthür, und kaum hat der die Weihe vornehmende Priester die Hand zum Segen erhoben, so stürzen sie wie rasend aus der Kirche, da jede die zuerst Ankommende zu Hause sein will.“ Eine ähnliche Darstellung findet sich im Grazer Volksblatt vom 21. April 1868: „Kaum ist der Gottesdienst zu Ende, das letzte Gebet über die Körbe gesprochen, so wird die süße Last auf den Kopf behend geschwungen und als sei ein Wolf in der Kirche mit hastiger Eile der Weg hiemwärts gemacht. Sobald der Weihkorb dem Hause nahet, wird er mit einem oder mehreren Pöllerschüssen begrüßt und die Heldin des Dorfes ist jene Magd, welche als die erste nach Hause kommt.“

 

Bis heute verspricht auch das Verspeisen von möglichst vielen unterschiedlichen Osterjausen Glück und Segen – und vielleicht auch eine baldige Hochzeit. Vom Verkosten verschiedener Osterjausen erzählt auch ein Zeitungsbericht in der Oster-Beilage des Grazer Tagblattes vom 12. April 1903: „Mit größter Sorgfalt wird das Osterbrot gebacken und jedem Gaste mit einem großen Stücke aufgewartet. So bekommt dieser, falls er in mehreren Häusern vorspricht, verschiedene „Weichen“ (Weihbrote) und jene Bäuerin schmunzelt in tiefster Befriedigung, deren Ostergebäck als das schönste und beste anerkannt wird.“

 

Autorin: Eva Heizmann
Verwendete Literatur:

  • Kreuzstichmuster. Aus der Sammlung des Landschaftsmuseums Schloss Trautenfels, Teil 1 bis 3, 1982-1989.
  • Stickerei. Vorlagen und Anwendung. Ausstellungskatalog des Steirischen Volkskundemuseums, 1983.