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Klagen über Ehefrauen oder Ehemänner sind keine moderne Erscheinung – sie finden sich schon seit Jahrhunderten in Volksliedern wieder. Spöttisch, überspitzt oder auch scharfzüngig verhandeln sie Themen wie Alltagsstreit, Unzufriedenheit oder Rollenerwartungen. Eine besondere Gattung dabei bilden die sogenannten Ehestandslieder. Eines dieser Lieder ist das steirische Volkslied „I han halt a Kreuz mit mein Weib“, das bereits früh in der Erzherzog-Johann-Sammlung im Steiermärkischen Landesarchiv dokumentiert wurde.
Die früheste bekannte Niederschrift des Liedes stammt von Gabriel Platzl (1796–1849) aus Söchau. Als Lehrer und eifriger Sammler sandte er im Zuge des Aufrufs von Erzherzog Johann (1810/11) zur statistischen Erhebung der Steiermark umfangreiche Beiträge ein – darunter mehr als 1.000 Lieder mit Text und Melodie.
In einem standardisierten Fragebogen wurden Informationen zu Volksgesängen, Bräuchen und Instrumenten erbeten – Platzl nahm dies wörtlich. Seine Aufzeichnungen bestechen bis heute durch ihre ungefilterte, authentische Darstellung des bäuerlichen Alltags – inklusive erotischer oder derber Inhalte, was zu dieser Zeit eine Seltenheit war.
Das Lied „I han halt a Kreuz mit mein Weib“ besteht in Platzls Aufzeichnung aus acht teils drastischen Strophen. Der männliche Protagonist schildert sein Eheleben als Hölle auf Erden:
Die Ehefrau wird als vom Teufel besessen beschrieben.
Sie geht mit Geld auf den Markt, bringt aber kaum etwas Heim.
Der Ehemann darf keinen Wein trinken, angeblich schade er ihm.
Seit sieben Jahren verheiratet, hat sie ihm noch kein Kind geboren.
Ihre äußere Erscheinung wird spöttisch als unansehnlich, dünn und unproportioniert dargestellt.
Ein besonders regionaler Bezug findet sich in der sechsten Strophe, in der es heißt: „Ich wirf sie noch heilig in’d Mur“. Doch selbst diese drastische Maßnahme erkennt der Mann als vergeblich, da er sicher ist, dass sie wieder zurückkehren würde.
Die letzte Zeile zeigt resignierten Galgenhumor: „I häng sie in Rauchfang hinauf, da schaut mir kein Teufel hinauf.“
Die Interpretation dieses Liedes ist nicht eindeutig. Schon im 19. Jahrhundert wurde das Stück unterschiedlich eingeordnet:
Anton Schlossar (1849-1942) publizierte es 1881 in „Deutsche Volkslieder aus Steiermark“ als Ehestandslied mit Herkunftsangabe „Oberes Murtal“.
Josef Pommer (1845-1918) zeichnete es mehrfach unter dem Titel „Das böse Weib“ auf – mal mit vier Strophen, mal nur als Melodie (u. a. 1893 in Landl und 1895 in Lassing).
Karl Reiterer (1860-1934) bezeichnete es 1902 als „Scherzlied“, sammelte es in Donnersbachwald und gab an, es sei „allgemein im Ennsthalerischen zu hören“.
Christian Bogensberger (1882-1975) und Karl Klachler (1864-1932) überlieferten 1913 ähnliche Versionen unter dem Titel „Gesellschaftslied“.
Im Laufe der Zeit wurden die Texte oft entschärft – viele spätere Fassungen enthalten nur drei Strophen und verlieren die harsche, teilweise boshafte Tonalität des Originals.
„I häng sie in Rauchfang hinauf, da schaut mir kein Teufel hinauf.“
So überzeichnet die Darstellung im Lied auch wirkt – sie erlaubt Rückschlüsse auf das gesellschaftliche Frauenbild vergangener Jahrhunderte. Was in diesem Lied als „böses Weib“ verspottet wird, lässt sich heute durchaus auch als selbstbewusste, unabhängige Frau deuten:
Sie gibt Geld selbstständig aus.
Sie entscheidet, was sie auf den Tisch bringt.
Sie lässt sich vom Mann nichts vorschreiben.
Ein Bild, das im starken Kontrast zu den gängigen Vorstellungen von Frauen im 19. Jahrhundert steht – und damit umso spannender für heutige Betrachterinnen und Betrachter ist.
„I han halt a Kreuz mit mein Weib“ ist weit mehr als nur ein Spottlied. Es ist ein zeitgeschichtliches Dokument, das tief in die Alltagswelt, die Sprache und die sozialen Verhältnisse des 19. Jahrhunderts blicken lässt.
Dank der akribischen Arbeit von Sammlern wie Gabriel Platzl und der Sammlung durch Erzherzog Johann ist es heute möglich, solche Lieder nicht nur als Musikstücke, sondern auch als kulturelle Quellen zu verstehen – mit all ihren Widersprüchen, Pointen und Abgründen.
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