Österreichische Gebärdensprache

Die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) bildet das soziale und kulturelle Fundament der österreichischen Gebärdensprachgemeinschaft. Sie ist die Muttersprache gehörloser Menschen in Österreich und somit ein wesentlicher Teil ihrer Identität. Sie wird österreichweit gebärdet und beinhaltet auch Dialekte, die sich durch regionale Spezifika auszeichnen. Mithilfe der ÖGS nehmen gehörlose Menschen die Welt wahr, die Sprache strukturiert das Denken, und durch sie werden auch Erlebtes und Gefühltes zum Ausdruck gebracht. Die ÖGS wird hauptsächlich von gehörlosen Personen gebärdet und auch von hörenden Menschen als zusätzliche Sprache erlernt.
Entstanden aus den kommunikativen und sozialen Praktiken der Gehörlosengemeinschaft, ist sie ein wichtiges identitätsstiftendes Merkmal der Gehörlosengemeinschaft. Bereits im Jahr 1779 wurde in Wien die erste Gehörlosenschule gegründet. Seither wird die ÖGS – wie andere nationale Gebärdensprachen auch – in Gehörlosenschulen, vor allem aber auch von Gehörlosenvereinen und in gehörlosen Familien gepflegt und überliefert. Zudem zeigen Gebärdensprachtheater, -tanz, -film und -poesie die immense künstlerische Kreativität und Vielfalt der ÖGS und der auf ihr begründeten Kultur auf.
Seit 2005 ist die ÖGS als eigenständige, vollwertige Sprache anerkannt, jedoch verstehen sich ihre Anwender:innen noch immer als sprachlich-kulturelle Minderheit. Gegenwärtig arbeitet der Österreichische Gehörlosenbund (ÖGLB) mit akademischen Institutionen an der Standardisierung und sprachpolitischen Absicherung der ÖGS. Weitere Maßnahmen der Bewusstseinsbildung und der Sicherung der Weitergabe der ÖGS sind unter anderem das Lobbying für bilinguale/ bikulturelle inklusive Bildung in den Gehörlosenschulen und im Regelschulsystem sowie die verstärkte Ausbildung von Kindern gehörloser Eltern (Children of Deaf Adults = CODA) für den Dolmetscherberuf.
Österreichische Gebärdensprache
Foto: ÖGLB/Kerstin Reiger
Österreichische Gebärdensprache
Foto: ÖGLB/Kerstin Reiger

Österreichische Gebärdensprache

Aufnahme: 2013 | 
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