Ratschen in der Karwoche

Ratschen ist ein Lärmbrauch, der in den Tagen vor Ostern in weiten Teilen Österreichs praktiziert wird. Zentral dabei ist die sogenannte Ratsche, ein Holzschrapinstrument, das es in Form von einfachen Klappern über Flügelratschen bis hin zu großen Schubkarrenratschen gibt. In der Zeit von Gründonnerstag bis Ostersonntag, von der man im Volksmund sagt, dass die Kirchenglocken nach Rom geflogen seien, ersetzen diese Lärminstrumente aus Holz das Geläut der Glocken.
Bei der am häufigsten verbreiteten Form des Ratschens gehen Kinder an diesen Tagen zu verschiedenen Zeiten durch den Ort, ratschen und sagen nach einem bestimmten Ablauf Sprüche auf. Die Sprüche können von Region zu Region variieren und werden entweder von den älteren Kindern an die jüngeren weitergegeben oder von einer erwachsenen Betreuungsperson gelehrt. Der am häufigsten auftretende Spruch ist der sogenannte „Englische Gruß“: „Wir ratschen, wir ratschen den Englischen Gruß, den jeder katholische Christ beten muss. Kniet’s nieder, kniet’s nieder auf euere Knie, bet’s drei Vater Unser und ein Ave Marie.“ Nach dem Ratschen werden die Kinder beim sogenannten Absammeln mit Geld, Süßigkeiten oder Ostereiern belohnt. Das Ratschen wird heute überwiegend von Ministrant:innen, Pfadfinder:innen bzw. Mitgliedern der Katholischen Jungschar ausgeübt. Charakteristisch ist die Verschränkung eines kirchlich-religiösen Ereignisses mit einer volkskulturell-gesellschaftlichen Praktik.
Die Ursprünge des Brauchs lassen sich heute nicht mehr genau rekonstruieren. Die Ratschen dürften auf frühe Formen von hölzernen Gebetsanzeigetafeln zurückgehen, der Begriff selbst wird seit dem ausgehenden Mittelalter verwendet. Das Ratschengehen der örtlichen Jugend ist ab dem 18. Jahrhundert überliefert. War es früher üblich, dass nur Buben – meist Ministranten – ratschten, üben seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert zunehmend auch Mädchen den Brauch aus.
Osterratsche
Foto: Eva Heizmann
Ratschen in der Karwoche
Foto: Eva Heizmann

Ratschen in der Karwoche

Aufnahme: 2015 | 
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