I bin a Steirerbua - vielleicht gar nicht so steirisch wie bisher angenommen

Ein beliebtes Lied mit bewegter Geschichte

„I bin a Steirerbua und hab a Kernnatur“ – es gibt wohl kaum jemanden in der Steiermark, der diese Liedzeile nicht kennt. Das Lied zählt zu den Klassikern der steirischen Volksmusik und erfreut sich bis heute großer Beliebtheit. Doch wie steirisch ist dieses Lied tatsächlich?

 

Frühe Tonaufzeichnungen

Die älteste bekannte Aufnahme des Liedes stammt aus dem Jahr 1903. Sie wurde in St. Gilgen (Oberösterreich) von Sigmund Exner mit einem Phonographen auf Wachswalze aufgenommen. Auf der CD „Österreichische Volksmusik (1902–1939)“ der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist diese Aufnahme heute dokumentiert. Es sangen zwei Oberösterreicher und ein Steirer – aufgenommen wurde die erste Strophe sowie ein Jodler.

Weitere frühe Tonträger sind Schellackplatten aus den 1930er-Jahren, darunter eine Version von Gisela Meissenbichler und Ignaz Gletthofer, erschienen bei His Master’s Voice nach 1945. Diese Fassung wurde in den Nachkriegsjahren regelmäßig im ORF Radio Steiermark gespielt.

Eine entscheidende Rolle zur Verbreitung des Liedes spielten die „Kern Buam“. 1956 veröffentlichte Columbia vier Tonträger mit den Liedern „Steirischer Brauch“ und „I bins a Steirerbua“. Die Kern Buam interpretierten das Lied neu, ersetzten den Jodler durch ein instrumentales Zwischenspiel und nannten es „Bauernwalzer“. Sepp Kern meinte dazu: „Wir behaupten nicht […] das Eisen erfunden zu haben, nur – wir haben es mit viel Schweiss geschmiedet und der Zeit entsprechend geformt.“ Ihre Interpretation prägte die weitere Verbreitung und führte zu einer gewissen Vereinheitlichung von Text und Melodie.

 

Verbreitung über die Steiermark hinaus

Bereits zu diesem Zeitpunkt war das Lied weit verbreitet – nicht nur in der Steiermark, sondern in ganz Österreich und Südtirol. In der Volksmusikdatenbank finden sich zahlreiche Einträge, die das belegen. Im Steirischen Volksliedarchiv liegen vielfältige Aufzeichnungen vor, die viel über Herkunft und Entwicklung des Liedes verraten – im Folgenden liegt der Fokus auf den steirischen Quellen.

„Der Steirabua“, Aufzeichnung von Josef Pommer aus Landl 1893. Quelle: Steirisches Volksliedarchiv, HS 309.
Flugblatt „Der Steirerbua“, vermutlich um 1850. Quelle: Steirisches Volksliedarchiv, Schlagermappe 3/2.

Ein „Volkssänger-Produkt“?

Der Volksliedsammler Josef Pommer (1845–1918) ordnete das Lied der Kategorie „Kunstlieder im Volksmund“ zu. In einer Aufzeichnung aus Landl von 1893, vorgesungen von Leo Spannring, bezeichnete er es als „Volkssänger-Produkt“. Besonders kritisch äußerte er sich über spätere Strophen, die unter anderem Böhmen und Wiener Gepflogenheiten verspotteten. Für Pommer war klar: Dieses Lied ist ein Machwerk Wiener Volkssänger, während der beigefügte Jodler als „echt“ angesehen wurde.

 

Städtischer Ursprung vermutet

Auch Karl Reiterer (1860–1934) und Viktor Zack (1854–1939) standen dem Lied kritisch gegenüber. Reiterer bezeichnete es als „verdächtige Stadtware“, während Zack es 1915 als „kaum echt!“ einstufte. Konrad Mautner (1880–1924) nahm das Lied in sein „Steyerisches Rasplwerk“ auf, bewertete es jedoch ebenfalls als „sehr verbreitet und zersungen“.

 

Einblicke aus alten Aufzeichnungen

Besonders aufschlussreich ist eine Liedaufzeichnung aus Gratkorn, bei der Robert Popelak 1909 zwei Sänger auf Wachswalzen aufnahm. Der Liedtext beginnt mit einer kritischen Bemerkung über die „Weanaleut“ und bringt erst in der zweiten Strophe den bekannten Refrain. Interessanterweise taucht hier auch der Ausdruck „Kärntner Tur“ auf – vermutlich eine mündlich überlieferte Verfälschung von „Kernnatur“. In anderen Quellen wird von einem „feinen Gethua“ gesprochen.

 

Vielfältige Varianten

Das Lied wurde in unterschiedlichen Varianten überliefert – sowohl in Text als auch in Melodie. Die älteste bekannte Aufzeichnung stammt aus dem Jahr 1883 vom Veitscher Arzt Dr. Karl Kaufmann. Sein Bruder hatte das Lied beim Militär in Graz gelernt. Auch Viktor Zack dokumentierte zwei Melodievarianten. Eine weitere Version stammt von Viktor Jabornik aus dem Jahr 1890, mit einem abweichenden Textanfang.

Die heute gängige Melodie geht auf eine Aufzeichnung Pommers aus dem Jahr 1893 zurück. Seine Theorie vom Wiener Ursprung des Liedes wird durch ein vermutlich um 1850 in Wien erschienenes Liedblatt gestützt. Darin findet sich das Lied „Der Steirerbua“, als Melodie wird „Der Kärntnerbua“ angegeben – möglicherweise identisch mit dem später von Anton Anderluh abgedruckten „I bin a Kärntnerbua“.

 

Fazit

Ob als „Steirerbua“, „Kärntnerbua“ oder im Kontrast zu den „Weanaleut“ – die Herkunft des Liedes bleibt in vielen Aspekten unklar. Sicher ist: Es wurde über Generationen hinweg immer wieder neu interpretiert, angepasst und weitergetragen. Und gerade darin liegt vielleicht sein besonderer Reiz – ein musikalisches Zeugnis gelebter Volkskultur im Wandel der Zeit.

Zum Lied „I bin a Steirerbua“ finden sich vielfältige Notenblätter und Aufzeichnungen im Steirischen Volksliedarchiv: